Eisenmangel und Pulmonale Hypertonie

Eisenmangel und Pulmonale Hypertonie

Von Ralf Schmiedel, Co-Autorinnen: Helen Puckett & Cheryl Switzer, Deutschland und USA, November 2011

Der Eisenhaushalt ist für PH-Patienten noch wichtiger als vielleicht vermutet. Während der letzten Jahre ist der Eisenhaushalt bzw. der Eisenmangel bei PAH Patienten in den Fokus der Forschung gerückt. Es scheint, dass PH-Patienten besonders darauf achtgeben sollten, dass ihre Eisenspeicher nicht leer laufen.
Es gibt mehrere Arten der Anämie:
  • 1. Eisenmangelanämie (z.B. durch Blutungen, regelmäßige Einnahme von Aspirin, Operationen, Verletzungen, eisenarme Ernährung etc.)
  • 2. Vitaminmangelanämie (z.B. durch niedrige Folsäure- und Vitamin-B12-Spiegel)
  • 3. Anämie, die durch andere zugrundeliegende Krankheiten, wie z.B. Nierenerkrankungen hervorgerufen werden.
  • 4. Anämie, durch erbliche Blutkrankheiten, Krebstherapien, Gifte, Autoimmunerkrankungen und andere.

Ein PH-Patient kann aus vielen Gründen anämisch sein und die aktuelle Forschung hat herausgefunden, dass Eisenmangel zu einer Verschlechterung des pulmonal arteriellen Druckes (PAP) und zu einem Anstieg von inflammatorischen (entzündlichen) Prozessen in den Gefäßen führen kann, was den Krankheitsprozess beschleunigen könnte. Man leidet also nicht nur unter dem Eisenmangel an sich (Müdigkeit, noch weniger Energie) sondern riskiert ein schnelleres Fortschreiten der Krankheit. (Quellen am Ende des Beitrags)

Das meiste Eisen im Körper befindet sich in den roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Das Eisen ist eine wichtige Komponente des Hämoglobins mit dem der Sauerstoff (O2) zu den Zellen transportiert wird. Ein Sauerstoffmangel der Zellen bewirkt dass man sich schwächer fühlt, kurzatmiger wird und müde. Das kennen wir ja eh schon von der PH.
Kürzlich erschienene Artikel (siehe Quellensammlung) haben dargestellt, dass ein Eisenmangel bei vorhandener Hypoxie (niedriger Sauerstoffsättigung) an einem proliferativen (Zellwachstum erzeugenden) Prozess in der PH-Lunge beteiligt ist. Das führt zu einem höheren PAP, entzündlichen Veränderungen und könnte den Krankheitsverlauf beschleunigen. (Das wurde im Tierversuch festgestellt, Quellen siehe Ende des Beitrags)

Es gibt einige Parameter bei der Blutuntersuchung, die Auskunft über unseren Eisenstatus geben.
Zunächst der Gesamteisengehalt, aber dieser ist nicht unbedingt aussagekräftig, weil der nach einer ordentlichen Mahlzeit mit hohem Eisengehalt verfälscht werden könnte (Vereinfacht gesagt: Steak am Vorabend und ordentlich Wurst zum Frühstück..). Das Gesamteisen ist also nur eine Momentaufnahme.
Ein weit aussagekräftigeres Maß für das Eisen oder die Eisenspeicher ist die Messung des Ferritin-Spiegels. Ferritin ist der Stoff durch den der Körper Eisen für die Zukunft speichert. Daher reflektiert dieser Wert das in nächster Zeit verfügbare Eisen. Die Eisenspeicher puffern Eisen für Tage mit geringer Eisenaufnahme oder auch Blutverlust (z.B. Menstruation, Tage mit vegetarischer Ernährung etc.)

Ein Vergleich dieser Testergebnisse kann Eigenschaften und Beziehungen aufzeigen, die dem Arzt helfen zu ermitteln, ob ein Patient eine Anämie hat. Es gibt 4 Ursachen einer Anämie:
  • Der Körper kann nicht genug Hämoglobin erzeugen
  • Der Körper stellt Hämoglobin her, aber das Hämoglobin funktioniert nicht richtig
  • Der Körper erzeugt nicht genügend rote Blutkörperchen
  • Der Körper braut die roten Blutkörperchen zu schnell ab

Eisenmangel ist nur eine Art von Anämie. Sie weist bestimmte Eigenschaften der Größe, Farbe und Eisensättigung der Roten Blutkörperchen in den genannten Tests auf. Diese Tests helfen auch, die Schwere der Anämie festzustellen.

Von besonderem Interesse ist der Hämoglobin-Test, der wichtigste Test für die Feststellung einer Anämie ist. Hier ist es wichtig zu wissen, dass auch ein „normaler“ Hämoglobin-Wert, der innerhalb des normalen Referenzbereichs liegt, für bestimmte Personen mit PH einen gewissen Grad der Anämie bedeuten kann. Das liegt daran, dass einige Menschen hochnormale Hämoglobin-Werte als ihr individuelles Referenzmaß haben. Oder dass der Hämoglobin-Spiegel als Kompensation der Versorgungssituation durch die PH erhöht ist (wie bei Sportlern nach dem Höhentraining, die wegen des Sauerstoffmangels auch mehr Hämoglobin bilden). Ein Abfall des Hämoglobins um 2%-Punkte bedeutet bei einer normalen Person schon eine Anämie. Wenn ein PH-Patient aber kompensatorisch vor dem Eisenmangel z.B. 4% über Normal lag, fällt dieser Abfall nicht auf. Daher ist es wichtig, seinen (Haus-)Arzt auf die spezielle Situation bei PH hinzuweisen und den Ferritin-Wert bestimmen zu lassen und ruhig auch selbst die Entwicklung der Hämoglobinwerte über die letzten Jahre zu vergleichen.

Wie sich zeigte, haben viel mehr PH-Patienten einen Eisenmangel als man bei der Normalbevölkerung erwarten würde. In einigen Berichten wiesen über 40% der Patienten mit schwerer IPAH eine Eisenmangelanämie auf. Es wird angenommen, dass dieses Phänomen mit einer zu geringen Eisenaufnahme wegen komplexer biochemischer Veränderung im Zuge der PH auftritt. Einen weiteren Beitrag könnten auch noch die üblichen Gerinnungshemmer dazu beitragen. (Quellen dazu am Ende des Beitrags, leider auf Englisch).

Symptome des Eisenmangels

Müdigkeit und Kurzatmigkeit sind oft die ersten Symptome, aber auch Nervosität, Konzentrationsprobleme und auch das sog. Restless-Leg-Syndrom können manchmal mit Eisenmangel zusammenhänge. (Wie will man das von den eh vorhandenen Symptomen der PH unterscheiden?) Appetitlosigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerzen und höhere Infekt-Anfälligkeit begleiten oft die o.g. Symptome. Mit zunehmendem Eisenmangel können Menschen trockenes sprödes Haar, rissige Fingernägel und rissen an den Mundwinkeln entwickeln. Aber so weit sollte der Eisenmangel möglichst erst gar nicht kommen, weshalb die Autoren (ACHTUNG, wir sind nur PH-Patienten) empfehlen, zur Sicherheit regelmäßig den Eisenspiegel (Ferritin) zu prüfen.

Ernährung bei Eisenmangel (oder dessen Vermeidung)

Hier möchte ich auf einen sehr guten Artikel einer Ernährungsexpertin verweisen, der im Rundbrief der Morbus-Osler-Selbsthilfegruppe auf Seite 22ff. erschienen ist:
www.morbus-osler.de/wp-content/uploads/2010/12/handbuch_mos_2010.pdf

[Morbus-Osler ist wie PH eine Gefäßkrankheit, die aber zu starkem Blutverlust führen kann (vor allem Nasenbluten), welcher dann auch eine Eisenreichen Ernährung erfordert. Morbus Osler kann übrigens auch eine seltene Ursache für PAH führen. ]
Weitere Infos zu Ernährung bei Eisenmangel :

www.ernaehrung.de
www.ferro.de
www.dge.de

Allgemein ist es so, dass Eisen aus pflanzlicher Nahrung nur schlecht vom Körper aufgenommen werden kann. Aus tierischer Nahrung kann das Eisen meist deutlich besser verwertet werden.

Nahrungsergänzungsmittel

Vitamin C kann helfen die Eisenaufnahme zu verbessern. Studien haben gezeigt, dass das Trinken eines Glases Orangensaft zu jeder Mahlzeit die Aufnahme von Eisen aus der Nahrung verdoppelt. B-Vitamine, besonders B12 und Folsäure, können bei der Bildung neuer Blutzellen helfen. Diese Vitamine verbessern auch das Immunsystem.
ACHTUNG: Nehmen Sie kein Eisen ohne zuvor mit ihrem Arzt gesprochen zu haben!

Besondere Hinweise

Eisen (also auch Eisenpräparate) sollten nicht gleichzeitig mit Kalzium, Magnesium oder anderen Mineralstoffen eingenommen werden, da sie sich gegenseitig bei der Aufnahme beeinflussen. Sie sollten daher mind. 1-2h Abstand einhalten.

Für Menschen mit Schilddrüsenmedikamenten oder eine ganzen Listen andere Medikamente (Packungsbeilage lesen), müssen sie ebenfalls mit 1-2h Abstand eingenommen werden, weil Eisenergänzungsmittel genauso wie Kalzium und anderen Mineralstoffe die Aufnahme beeinflussen. Es kann eine große Aufgabe werden, alles richtig zu machen, alles was man tun kann ist, es so gut wie möglich zu machen. Man sollte sich deswegen auch nicht verrückt machen.

Wenn die eisenreiche Ernährung nicht ausreicht

Wenn die Ernährung nicht reicht genug Eisen aufzunehmen um die Eisenspeicher voll zu halten, können Eisenpräparate in einer der nachfolgend genannten Formen verordnet werden.

  • Sog. OTC-Präparate (freiverkäufliche Eisenpräparate, nur nach Rücksprache mit dem Arzt)
  • Verschriebene Eisenpräparate (Pillen oder Sirup)
  • Eisenspritzen
  • Eiseninfusionen

Orale Eisenpräparate werden nicht immer gut vertragen. Sie können im Magen-Darm-Trakt zu Blähungen und anderen Problemen führen. Einige Patienten haben auch Eisen-Aufnahme-Probleme. In diesen Fällen kann das Eisen auch intravenös als Spritze oder Tropf eine Option sein. (Achtung, auch hier gibt es bei einigen Menschen allergische Unverträglichkeiten, daher muss der Arzt beim ersten Mal vorsichtig vorgehen. Das ist aber bekannt)

Was also tun?

Wenn Sie bei sich einen Eisenmangel vermuten, nehmen Sie nicht einfach Eisen auf eigene Faust. Lassen Sie sich testen und sprechen Sie darüber mit Ihrem Arzt. Weisen Sie auch auf die spezielle Situation bei PH hin. Es ist sehr wichtig mit dem Arzt zu sprechen bevor man Eisen blind zu sich nimmt. Denn nicht alle PH-Patienten benötigen Extra-Eisen und ein Eisenüberschuss auch sehr schädlich sein. Einige Patienten besitzen genetische oder andere Störungen, die zu einer Eisenüberlast führen können. Bitte beachten Sie, dass zu hohe Eisenspiegel toxisch sein können.

ACHTUNG!

** DIESER ARTIKEL SOLLTE NICHT ALS MEDIZINISCHER RAT BETRACHTET WERDEN, SONDERN VIELMEHR ALS PATIENTENBILDUNG UND DISKUSSIONSHILFE UM DIESEN WICHTIGEN ASPEKT MIT IHREM ARZT ZU BESPRECHEN. DIE AUTOREN SIND MEDIZINISCHE LAIEN! **

Die im Text beschriebenen Zusammenhänge haben uns auch veranlasst, die aktuelle Umfrage auf der Website bezüglich der aktuellen Situation der Eisensupplementation bei PH-Patienten zu stellen zu stellen (Umfrage im 1. Quartal 2012).

Links zu Quellen und Wissenschaftlichen Publikationen:

Nachfolgend eine Link- und Quellensammlung zum Thema, die die o.g. Zusammenhänge wissenschaftlich belegt. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Leider auf English. Aber mit Online-Translator sicher lesbar.

Wirkung von Eisensupplementation und Eisenentzug auf hypoxische PH Effects of Iron Supplementation and Deplationon Hypoxic Pulmonary Hypertension
JAMA. 2009;302(13):1444-1450 (doi:10.1001/jama.2009.1404)
Thomas G. Smith; Nick P. Talbot; Catherine Privat; et al.

Eisenmangel ist bei idiopathischer PAH verbreitet Iron deficiency is common in idiopathic pulmonary arterial hypertension.
Eur Respir J. 2011 Jun;37(6):1386-91. Epub 2010 Sep 30.Ruiter G, Lankhorst S, Boonstra A, Postmus PE, Zweegman S, Westerhof N, van der Laarse WJ, Vonk-Noordegraaf A.
Source: Department of Pulmonology, VU University Medical Center, de Boelelaan 1117, 1081 BV Amsterdam, The Netherlands.

Hohe Spiegel von Zinc-Protoporphyrin zeigen metabolische Anomalitäten bei PAH an High Levels of Zinc-Protoporphyrin Identify Iron Metabolic Abnormalities in Pulmonary Arterial Hypertension – Decker, I., Ghosh, S., Comhair, S. A., Farha, S., Wilson Tang, W. H., Park, M., Wang, S., Lichtin, A. E. and Erzurum, S. C. (2011), . Clinical and Translational Science, 4: 253–258. doi: 10.1111/j.1752-8062.2011.00301.x

Eisenmangel bei PAH
Iron deficiency in pulmonary arterial hypertension: a potential therapeutic target C.J. Rhodes, J. Wharton, L. Howard, J.S.R. Gibbs, A. Vonk-Noordegraaf and M.R. Wilkins. European Respiratory Journal, fNoordegraaf A, href=“www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed?term=“Wilkins MR“[Author]“Wilkins MR. Source: Centre for Pharmacology and Therapeutics Dept of Medicine, Hammersmith Hospital, Du Cane Road, London W12 0NN, UCentre for Pharmacology and Therapeutics Dept of Medicine, Hammersmith Hospital, Du Cane Road, London W12 0NN, UK.

PH und Eisenmangel auf PubMed.gov
PH and Iron Deficiency Page – PubMed.gov

Fakten zur Anäme
Anemia Fact Sheet – Women’s Health.gov

Eisenreiche Ernährung
Iron Rich Foods – WebMD

Vielen Dank an meine Co-Autorinnen Cheryl Switzer und Helen Puckett, die wichtige Teile zu diesem Artikel beigetragen haben. Sie haben der Veröffentlichung auf www.phev.de und www.lungenhochdruck.ch ohne zu zögern zugestimmt.

Der Artikel erschien erstmals im November 2011 als Feature auf www.phcentral.org unter dem Link: www.phcentral.org/features/iron-deficiency-and-pulmonary-hypertension
Für die, die es interessiert, gibt es dort auch noch (amerikanische) Ernährungstipps, die nicht alle übertragbar waren, weshalb ich mir die Übersetzung gespart habe und stattdessen auf den guten Artikel von Frau Tanja Korzcak verweisen.

[@uelle: Von Ralf Schmiedel, Co-Autorinnen: Helen Puckett & Cheryl Switzer, Deutschland und USA, November 2011]
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