Chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH)
Ist die Diagnose einer pulmonalen Hypertonie (PH) gestellt, geht es zuerst um die Abgrenzung der pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH) von der CTEPH.
Dies ist vor allem von Bedeutung, weil es für die CTEPH heute eine potentiell kurative Therapie gibt, nämlich die pulmonale Endarteriektomie (PEA). Die Unterscheidung PAH und CTEPH geschieht mittels Lungen-Perfusionsszintigrafie, die bei der PAH in der Regel normal ist und bei der CTEPH die typischen segmentären Perfusionsdefekte ausweist, die aber im Gegensatz zur akuten Lungenembolie oft eher gering ausgeprägt bzw. subsegmentär sind, aber das eigentliche Ausmass des Perfusionsdefizits typischerweise unterschätzen. Im Gegensatz zur akuten Lungenembolie spielt die Computertomografie in der Diagnostik der CTEPH eine untergeordnete Rolle, da die chronisch thromboembolischen Veränderungen nicht so sehr durch intraluminale Thromben, sondern vielmehr durch rekanalisierte thromboembolische Residuen mit vorwiegend in der Arterienwand lokalisierten Veränderungen charakterisiert sind, die durch die Computertomografie weniger gut erfasst werden. Aus demselben Grund geht es bei der PEA nicht um eine Thromb-Endarteriektomie, sondern um eine Endarteriektomie im eigentlichen Sinne, d.h. eine Dissektion der Lungenarterie im Bereiche der Media bis in die peripheren Äste des Pulmonalarterienbaums. Die linke und rechte Pulmonalarterie werden im zweimaligen, 20-30 Minuten dauernden vollständigen Kreislaufstillstand Endarteriektomiert. Bei der PEA handelt es sich um eine der schwierigsten Operationen überhaupt. Dementsprechend sind auch die Morbidität und Mortalität sehr hoch. Die Rate tödlicher Komplikationen liegt selbst in den besten Zentren zwischen 5 und 10%. Gelingt hingegen die Operation, handelt es sich in aller Regel um einen kurativen Eingriff mit einer Normalisierung des Lungenarteriendrucks, der Belastungstoleranz und der Lebensqualität. Das Langzeitüberleben beträgt über 80%. In der Schweiz wurden bisher zehn Operationen durchgeführt, wovon sieben davon in Zürich in Zusammenarbeit mit Prof. Mayer aus Mainz.
Pulmonale arterielle Hypertonie (PAH)
Allgemeine Therapie
Eine kompetente Abklärung und Beratung in einem spezialisierten Zentrum stellt den Eckpfeiler einer erfolgreichen Behandlung der pulmonalen Hypertonie dar. Die anschliessende Betreuung erfolgt aber in enger Zusammenarbeit mit den Hausärztinnen und Hausärzten.
Eine Rechtsherzkatheteruntersuchung ist unseres Erachtens nach wie vor unabdingbar. Sie bestätigt einerseits die echokardiografische Diagnose, bestimmt aufgrund der Messung von Herzindex und gemischt-venöser Sauerstoffsättigung den Schweregrad und die Prognose, und analysiert aufgrund der Vasoreagibilitätstestung die Akutantwort auf Vasodilatatoren. In Fällen, wo es zu einem Absinken des Lungenarteriendruckes von mindestens 10 mmHg auf 40 mmHg und weniger kommt, ist eine Behandlung mit oralen Kalziumantagonisten möglich. Dies ist jedoch mittelfristig in weniger als 10% der Fälle, und langfristig in weniger als 5% möglich, weshalb die Kalziumantagonisten in der Behandlung der pulmonalen Hypertonie heute nur noch eine untergeordnete Rolle spielen.
Im Allgemeinen sollte den Patientinnen und Patienten von starken oder abrupten Belastungen abgeraten werden. Zu vermeiden sind ebenfalls Hitze, insbesondere heisses Duschen, die Gabe von Betablockern oder nicht-steroidalen Antirheumatika sowie der Aufenthalt in Höhen über 1500 m. Schwangerschaften sind potentiell lebensgefährlich, und eine gute Antikonzeption ist wichtig. Herkömmliche orale Antikonezptiva sollten wegen der möglichen Wasserretention eher vermieden werden, die Minipille kann aber eingenommen werden. Dabei muss auf allfällige Interaktionen mit der anderen Medikamenten zur Behandlung der PH geachtet werden.
Beim Vorliegen einer Hypoxämie wird bei einem PaO2 unter 8.0 kPa eine Langzeitsauerstofftherapie empfohlen. Eine solche sollte auch bei Flugreisen erwogen werden. Zur Behandlung der klinischen Rechtsherzinsuffizienz werden in der Regel Aldosteronantagonisten und Schleifendiuretika eingesetzt. Digoxin wird in Europa nicht grundsätzlich empfohlen, eignet sich aber beim Vorliegen eines tachykarden Vorhofflimmerns.
Spezifische Therapie
Die spezifische Therapie der PAH leitet sich direkt aus deren Pathogenese ab. Drei wichtige Faktoren spielen dabei eine Rolle: 1) In-situ-thrombotische Veränderungen 2) Vasokonstriktion und 3) Proliferation von Gefässzellen. Die In-situ-Thrombosierung wird mittels oraler Antikoagulation verhindert. Es gibt zwar keine randomisierten Studien über den Nutzen der Antikoagulation, aber drei grössere Fallserien haben beinahe eine Verdoppelung der Überlebenszeit bei den antikoagulierten Patientinnen und Patienten gefunden, weshalb alle Experten diese Behandlung empfehlen.
Vasokonstriktion und Proliferation entstehen vor allem über drei Pathomechanismen: 1) Prostaglandinsystem (verminderte Prostazyklinsynthase), 2) Endothelinsystem (vermehrte Endothelinexpression) und 3) Stickoxidsystem (verminderte NO-Synthase). Entsprechend besteht die Therapie der PAH in drei Medikamentengruppen: 1) Prostaglandinanalogen, 2) Endothelinrezeptorantagonisten und 3) Phosphodiesteraseinhibitoren, die den Abbau von zyklischem GMP, der eigentlichen Effektorsubstanz des Stickoxidsystems, hemmen.
Prostaglandinganaloge
Die ersten randomisierten Studien bei PAH wurden mit dem kontinuierlich verabreichten intravenösen Epoprostenol durchgeführt. Darunter kam es bei idiopathischer PAH und PAH im Rahmen der Sklerodermie zu einer signifikanten Reduktion der Lungenarteriendrücke mit einer Verbesserung der 6-Minuten-Gehstrecke zwischen 45 und 94 Metern. Es ist zudem die einzige Substanz, bei der direkt eine Verbesserung des Überlebens gezeigt werden konnte. Es handelt sich jedoch um eine sehr teure Therapie (Kosten meistens über SFR 200’000), die aufgrund der Notwendigkeit einer kontinuierlichen intravenösen Verabreichung über eine Infusionspumpe naturgemäss mit vielen Komplikationen verbunden ist und heute nur noch bei therapieresistenten Fällen zur Überbrückung zu einer Lungentransplantation verwendet wird.
Die Therapie der PAH vereinfacht hat in der Folge die geniale Idee, die Prostaglandine inhalativ zu verabreichen. Das hat erstens den Vorteil, die komplikationsträchtige intravenöse Verabreichung zu umgehen und zweitens nur eine lokale pulmonale Vasodilatation zu erzeugen. Die Wirksamkeit dieser Behandlung mmit inhalativem Iloprost (Ilomedin®) wurde anhand einer grossen internationalen Studie bei 203 Patientinnen und Patienten bewiesen. Die Gehstrecke verbesserte sich im Mittel um 36 m, bei idiopathischer PAH um 55 m. Die Behandlung ist ebenfalls teuer (Kosten etwa SFR 50’000 pro Jahr) und nicht kassenzulässig. Sie kann jedoch bei zusatzversicherten Patientinnen und Patienten durch ein spezialisiertes Zentrum verordnet werden.
Es gibt mittlerweile ebenfalls Studien mit subkutan und oral verabreichten Prostaglandinanalogen. Die subkutane Therapie mit Treprostinil (Remodulin®) ist nicht unkompliziert, sehr teuer und kann im Moment nur in Einzelfällen durch ein spezialisiertes Zentrum angewandt werden. Die orale Therapie mit Beraprost scheint sich nicht durchzusetzen.
Endothelinrezeptorantagonisten
Ein Fortschritt in der Behandlung der PAH brachten die oral verabreichbaren Endothelinrezeptorantagonisten. Das im Moment in der Schweiz verfügbare und kassenzulässige Bosentan (Tracleer®) hat in zwei randomisierten Studien eine Verbesserung der 6-Minuten-Gehstrecke von 44 bis 76 m gezeigt. Die Behandlung mit Bosentan ist etwa gleich teuer wie die Therapie mit inhaliertem Iloprost, als Nebenwirkung tritt selten eine Erhöhung der Transaminasen auf, weshalb regelmässige Laborkontrollen erforderlich sind. Ansonsten ist die Behandlung aber gut verträglich und sehr bequem für die Patientinnen und Patienten.
Phosphodiesteraseinhibitoren
Eine ebenfalls attraktive Behandlungsform stellen die Phosphodiesteraseinhibitoren dar. Sie sind oral verabreichbar und sehr gut verträglich. Die einzige anhand einer randomisierten Studie bei 278 Patientinnen und Patienten geprüfte Substanz ist das Sildenafil (Viagra®, für pulmonale Hypertonie Revatio®), das eine Verbesserung der 6-Minuten-Gestrecke von etwa 50 m bewirkt. Was im Moment noch etwas unklar ist, ist die optimale Dosierung. Die Behandlung wird schon seit längerem von Spezialisten mit der Indikation als Orphan-Drug in einer Dosis von 3 x 50mg Viagra® verwendet. Die randomisierte Studie hat jedoch keinen Unterschied zwischen einer Dosis von 3 x 20mg und 3 x 80mg ergeben, weshalb die in Zukunft kassenzulässige Dosis 3 x 20mg Revatio® sein wird. Die bisher verwendete Dosis von 3 x 50mg kostet etwa CHF 12’000 pro Jahr.
Prof. Rudolf Speich, MD, FCCP (verst.)
Department Innere Medizin
UniversitätsSpital
CH-8091 Zürich, Switzerland
