Einfluss von Lungenkrebs auf Lungenhochdruck

Mediziner aus Giessen und Bad Nauheim weisen Einfluss von Lungenkrebs auf Lungenhochdruck nach

Patienten mit Lungenkrebs leiden häufig schon bei geringer Belastung unter Atemnot, was ihre Lebensqualität stark verringert.

Nicht nur der Verlust von Lungengewebe durch den Tumor selbst, sondern auch das häufig gleichzeitige Auftreten von anderen Lungenerkrankungen wie Lungenhochdruck sowie kardiovaskulären Störungen tragen zur Atemnot bei und beeinflussen die Überlebensrate der Patienten negativ. Erstmals haben nun Forschergruppen der Justus-Liebig-Universität Giessen (JLU) und des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim (MPI) einen direkten Zusammenhang zwischen Lungenkrebs und Lungenhochdruck nachgewiesen. Lungenhochdruck (Pulmonale Hypertonie; PH) ist eine unheilbare Erkrankung, die durch eine chronisch zunehmende Einengung der Lungenarterien mit erhöhtem Blutdruck und Überlastung des Herzens charakterisiert ist, teilt die JLU mit.

Die Lungenforscher konnten bereits zeigen, dass bei Lungenhochdruck in den Blutgefässzellen der Lunge Strukturveränderungen verursacht werden, die mit Gefässverlusten einhergehen und krebsähnliche Eigenschaften besitzen. Nun haben sie eine neue Kategorie der pulmonalen Hypertonie identifiziert, die unter den Bedingungen des Lungenkrebses entsteht. Anhand klinischer, histopathologischer und experimenteller Forschung haben sie damit erstmals einen direkten Zusammenhang zwischen Lungenkarzinom und Lungenhochdruck nachgewiesen.

Die Untersuchungen zeigen, dass in der direkten Umgebung des Tumors eine entzündungsfördernde Kommunikation zwischen Lungenkrebszellen und Immunzellen stattfindet, die einerseits zum Tumorwachstum beiträgt und andererseits Umbauprozesse der Lungengefässe auslöst, die die Entwicklung eines Lungenhochdrucks zur Folge haben. Diese Erkenntnisse sind auch deshalb bedeutsam, da die Lebenserwartung von Lungenkrebspatienten durch neue Therapien steigt. Obwohl Lungenkrebs weiterhin weltweit die häufigste Krebstodesursache ist, sind die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen immer noch weitgehend unbekannt. „Insbesondere das häufige Auftreten von Atemnot bei Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs ist noch ungeklärt“, sagt Rajkumar Savai, Mitglied des „Universities of Giessen and Marburg Lung Center“ (UGMLC) und Arbeitsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim. „Wir konnten zeigen, dass Lungenkrebs direkt Blutgefässveränderungen in der Tumorumgebung verursacht. Dies führt zu einer Pulmonalen Hypertonie, was wiederum wesentlich zu der Atemnot dieser Patientinnen und Patienten beitragen könnte. Zugrunde liegt eine ‚molekulare Kommunikation‘ zwischen Tumorzellen und Immunzellen.“

Soni Savai Pullamsetti, Mitglied des UGMLC und Arbeitsgruppenleiterin am MPI für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim, fügt hinzu: „Unsere Daten zeigen deutlich, dass die Immunzellen und Entzündungszellen in der direkten Tumorumgebung eine starke Antriebskraft für die Entstehung einer pulmonalen Hypertonie darstellen. Somit könnte sich eine neue Behandlungsoption mit differenzierten entzündungshemmenden Medikamenten ergeben.“

„Bisher unbekannt“

Prof. Werner Seeger und Prof. Friedrich Grimminger, die gemeinsam mit das UGMLC leiten, erklären: „Lungenkrebs-assoziierte Pulmonale Hypertonie stellt auf der Basis dieser Studie eine bisher unbekannte Form der PH dar. Der ‚massgeschneiderte‘ Eingriff in das zugrunde liegende Zusammenspiel zwischen Tumorzellen, Immunzellen und Gefässzellen eröffnet neue Therapieoptionen für die erkrankten Patientinnen und Patienten, die jetzt rasch klinischen Prüfungen zugeführt werden sollten.“

 

© Gießener Anzeiger Verlags GmbH & Co KG | Kreis-Anzeiger, 17.11.2017

Print Friendly, PDF & Email