Erfahrungsbericht nach Thrombendarteriektomie

Erfahrungsbericht / Pulmonalhochdruck / Pulmonale Thrombendarteriektomie

Ende 2002 (ich war etwa 58) traten bei mir unauffällige Symptome auf, die vorerst nach verschiedenen Untersuchungsmethoden keine klare Diagnose erlaubten.

Ich litt an schleichendem Auftreten von Atemnot bei kleineren Anstrengungen (Treppensteigen, Radfahren, Anstieg beim Wandern). Im Februar 2003 wurde in einer Klinik einer Herz-Katheteruntersuchung durchgeführt, wobei keine Probleme bei den Herzkranzgefässen festgestellt wurden. Auf dem Weg ins Spital zu Untersuchung kollabierte ich zweimal.

Eine Ultraschalluntersuchung der Beine liess auf Thromben schliessen, die von den tiefen Beinvenen nach oben wanderten. Diese lösten Lungenembolien aus. Der Druck in der Lungenarterie lag im gefährlichen Bereich von mehr als 100 mmHg. Durch eine Behandlung mit anti-koagulierenden Medikamenten (Heparin und dann mit Marcoumar) und Sauerstoff konnte der Pulmonaldruck im Anschluss an einen ca. 3-4-wöchigen Spitalaufenthalt auf unter 40 mm/Hg gesenkt werden. Dadurch verbesserte sich mein Gesundheitszustand vorübergehend.

Nach ca. 3 Jahren stellte sich leider wieder eine schleichende Verschlechterung ein, was sich durch einen Anstieg des Pulmonalarteriendrucks auf 75-80 mmHg manifestierte (Anfangs 2007), obschon ich durch MARCUMAR antikoaguliert war und der Quickwert gut eingestellt war. Dabei vermutete man neue Lungenembolien. Man versuchte durch verschiedene aufwändige Untersuchungsmethoden die Ursache der Gerinnungsstörung festzustellen, blieb aber erfolglos. Auch eine Umstellung des Antikoagulans von Marcumar auf niedermolekulares Heparin (Fraxiforte und Fragmin) zeigte keine Besserung. In der Nacht wurden mir 3 l/min. Sauerstoff verordnet.

Am Inselspital wurde im Herbst 2007 eine Behandlung mit Bosentan (Tracleer) eingeleitet, was nach meinem Empfinden jedoch keine Verbesserung meines Zustandes bewirkte. Meine Leistungsfähigkeit schien fast täglich zu verschlechtern.

Auf Grund von verschiedenen Informationen von Ärzten und auch von der Website www.lungenhochdruck.ch erfuhr ich, dass die erfolgversprechendste Behandlung für eine dauerhafte Verbesserung meines Zustands ein operativer Eingriff, nämlich die pulmonale Thrombendarteriektomie, ist. Hierzu müssen die medizinischen Voraussetzungen stimmen.

Am Inselspital wollte man mir diese Operation nicht empfehlen. Diese Beurteilung erfolgte auf Basis eines CT. Wie in dem in der Website www.lungenhochruck.ch publizierten Erfahrungsbericht von Ursina Kerle empfohlen, kontaktierte ich Prof. Eckhard Mayer vom Hildegardis Klinikum in Mainz. Die in Bern durchgeführten Untersuchungen erachtete er für eine Beurteilung der Operierbarkeit meines Leidens nicht als ausreichend. Er verlangte hierzu zusätzlich eine Pulmonalisangiographie. Im Januar 2008 erhielt ich einen Termin für diese Untersuchung, welche in Mainz durchgeführt wurde, da Prof. Mayer zugegen sein wollte. Ich erhielt darauf den Bescheid, dass eine Operation möglich sei, allerdings mit einem erhöhten Risiko von 10% (normalerweise liegt das Risiko um 5 %). Die OP wurde mir innerhalb einer Zeitperiode von 3 Monaten empfohlen. Aus der Literatur und auch aus Erfahrungsberichten geht hervor, dass durch die OP die Behinderungen durch Kurzatmigkeit, schnelle Ermüdung im Wesentlichen behoben und die Zukunftsaussichten (Lebenserwartung) für den Patienten werden massiv verbessert werden.

Für mich war deshalb klar, dass ich der Empfehlung von Prof. Mayer folgen wollte, da nur dadurch die lebensbedrohliche Situation behoben werden konnte. Eine OP in der Schweiz kam für Prof. Mayer nicht in Frage, da er wegen den nicht optimalen Voraussetzungen die Nachbetreuung selbst im Griff haben wollte.

Ich wurde dann am 24. April 2008 in der chirurgischen Abteilung am Klinikum der Justus-Liebig-Universität in Giessen DE operiert. Die Operation als solche war erfolgreich. Es folgten jedoch Komplikationen durch eine Lungenentzündung. Dies führte zu einem Nierenversagen (Schockniere). Deshalb wurde ich in ein mehrtägiges künstliches Koma versetzt, wobei eine Behandlung mit Antibiotika durchgeführt wurde. Darauf folgte ein mehrwöchiger Aufenthalt in der Intensiv-Station der Klinik, wo ich ausgezeichnet betreut wurde. Während der Pulmonaldruck auf nahezu normale Werte zurückging, wollte sich die Niere zu Beginn nicht erholen, was Dialysebehandlungen nötig machte. Mein Zustand verbesserte sich nur langsam. Erst am 27.Mai 2008 war ich transportfähig und wurde mit einem Ambulanzfahrzeug in Lindenhofspital in Bern übergeführt, wo ich weiter betreut und aufgepäppelt wurde; man widmete sich insbesondere der Entwicklung des Nierenleidens. Der Kreatininwert ging allmählich von ca. 500 μg/l auf ca. 200 μg/l zurück. Die Dialysebehandlungen konnte abgesetzt werden. Ebenso konnte meine Sauerstoffabhängigkeit reduziert werden. Nach der Entlassung aus dem Spital am 5. 7. 2008 nahm ich an einem ambulanten pulmonalen Rehabilitationsprogramm (mit Ausdauer- und Kraftübungen) am Lindenhofspital teil.

Mein Allgemeinzustand verbesserte sich in den darauffolgenden Wochen massiv. Beim 6-Min.-Gehtest erreichte ich eine Distanz von ca. 630 m. Es wurde mir weiterhin Sauerstoff verschrieben. Ohne O2 beträgt der SpO2 im Ruhezustand ca. 95 %. bei Belastung ca. 83 %. Durch O2 kann der SpO2 bei Belastung verbessert werden. Während dem Klinikenaufenthalt wurde die Antikogulation mittels Heparin-Infusion durchgeführt, bei der Entlassung wurde auf Marcoumar umgestellt.

Am 25.08.2008 wurde am Inselspital Bern eine Ultraschalluntersuchung zur Abschätzung des Pulmonaldruckes durchgeführt. Das erfreuliche Ergebnis war, dass kein abnormal hoher Pulmonaldruck mehr festgestellt werden konnte.

Leider verweigert die Krankenkasse weiterhin eine Vergütung der Leistungen im Ausland, mit der Begründung, dass die Behandlung auch in der Schweiz hätte durchgeführt werden können. Es wurde auf Art. 36.1 KVV verwiesen, gemäss welchem Leistungen im Ausland übernommen werden, wenn sie in der Schweiz nicht durchgeführt werden können, sofern sie vom Departement (EDI), nach Anhören der zuständigen Kommission, bezeichnet sind. Das EDI hätte somit den gesetzlichen Auftrag, die Auslandsleistungen zu bezeichnen, die von den Krankenkassen zu bezahlen sind. Das EDI hat diesen gesetzlichen Auftrag bisher nicht erfüllt.

Ich habe mich in diesem Zusammenhang auch an den Ombudsmann der sozialen Krankenversicherung gewandt. Er konnte mich lediglich auf den Rechtsweg verweisen, falls ich mit der Ablehnung der Krankenkasse nicht einverstanden sei. Ich habe vor ca. einem Monat bei der Krankenkasse ein Wiedererwägungsgesuch gestellt, wobei ich eine Begründung von Prof. Mayer beilegte, worin er angab, weshalb er die OP in Deutschland durchführen wollte. Im Falle einer Ablehnung habe ich einen beschwerdefähigen Entscheid verlangt. Bisher habe ich noch keine Reaktion erhalten.

An dieser Stelle möchte ich allen, die hilfreiche Berichte in der Website www.lungenhochdruck.ch veröffentlicht haben, ganz herzlich danken. Ohne diese hätte ich nicht das Richtige tun können und mein Leiden wäre weiterhin nur medikamentös behandelt worden, was nie zu einer solchen Verbesserung meines Zustands geführt hätte, wie dies durch die Operation in Giessen möglich wurde. Vor allem bin ich auch Prof. Mayer für die gelungene OP und den Pflegenden am Justus-Liebig-Uni-Klinikum in Giessen und am Lindenhofspital in Bern für die intensive Pflege sehr dankbar.

Zusammenfassend kann ich heute sagen, dass meine Erwartungen an den Eingriff vollumfänglich erfüllt wurden; es geht mir fast jeden Tag besser. Die damit verbundenen unerwarteten Komplikationen, die mir dabei schwer zu schaffen machten, sollte ich nun auch überwunden haben. Ich freue mich auf die nächste Skisaison.

Franz Fischer, Alpenstrasse 11, CH-3072 Ostermundigen

[@uelle: Franz Fischer 9. September 2008]
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