Lungenhochdruck – Leben mit einer seltenen Krankheit

Lungenhochdruck – Leben mit einer seltenen Krankheit

Die seltene Erkrankung wurde bei Zuzana Hamers (56) fast zu spät erkannt. Der Besuch im Westdeutschen Lungenzentrum Essen rettete ihr das Leben.

Was Zuzana Hamers in den letzten 26 Jahren durchgemacht hat, sieht man ihr auf den ersten Blick nicht an. Nur dieser schmale Plastikschlauch in ihrer Nase, der ihr wie eine durchsichtige Schlange durch die gesamte Wohnung folgt, macht deutlich – hier stimmt etwas nicht. Zuzana Hamers leidet an der seltenen Erkrankung Lungenhochdruck (Pulmonale Hypertonie).

In Europa sind daran rund 30.000 Menschen erkrankt, in Deutschland etwa 3000 bis 6000. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein, denn oft wird der Lungenhochdruck nicht erkannt. Zumal er häufig erst in der Folge einer anderen Lungen- oder Herzerkrankung entsteht.

„Bei mir fing alles 1990, nach der Geburt meiner ältesten Tochter, an“, erinnert sich Zuzana Hamers. Sie sei so müde und erschöpft gewesen. Eines Tages entdeckte sie dann diese zwei kleinen roten Punkte, jeweils einer an jedem Oberarm. „Erst dachte ich, das wären Mückenstiche.“ Aber als die Flecken nicht weg gingen, fragte sie lieber ihren Hautarzt um Rat. Der nahm umgehend Hautproben. Diagnose: Sarkoidose. Die Sarkoidose (Morbus Boeck) ist eine entzündliche Erkrankung unbekannter Ursache. Klassisches Merkmal sind eben jene kleinen knötchenförmigen Gewebeveränderungen.

Jedes Organ kann betroffen sein

Die Sarkoidose kann als entzündliche Erkrankung jedes Organ befallen, meist ist die Lunge betroffen. In vielen Fällen heilt sie folgenlos aus. Doch manchmal wird sie auch chronisch, sogar lebensbedrohlich. „So war es bei mir“, erzählt Zuzana Hamers. Als sie mit ihrem vierten Kind schwanger war, setzte sie das Cortison ab, „nach der Entbindung bekam ich dann einen neuen heftigen Schub“. Doch sie kämpfte.

Zu den immer wiederkehrenden Symptomen wie leichtem Fieber, Müdigkeit, Gelenkschmerzen und Lymphknotenschwellungen kamen unzählige Infekte. Als sie sich monatelang mit einer Grippe und Luftnot herumplagte, entschied sich Zuzana Hamers 2010 zu einem Besuch im Westdeutschen Lungenzentrum der Uni-Klinik Essen (Ruhrlandklinik) . Genau genommen, kann sie damit zwei Geburtstage feiern. Denn dort erkannten die Spezialisten sofort: Durch die Entzündungsprozesse in ihrer Lunge hatte sich auch noch ein Lungenhochdruck entwickelt.

„Wäre ich da nicht hingegangen, wäre ich eines Tages einfach tot umgefallen“, weiß die 56-Jährige. Denn beim Lungenhochdruck liegt ein erhöhter Blutdruck im Lungenkreislauf vor. Unerkannt kann sich Blut vor dem Herzen stauen, was zu einer Rechtsherzschwäche und schließlich zu einem Herzversagen führt.

Der Sauerstoff, den Zuzana Hamers heute 24 Stunden am Tag benötigt, Atemübungen, Sport in Maßen und die Medikamente halten die Erkrankung inzwischen stabil.

Ihre Familie gibt ihr Kraft

Berufstätig ist die gelernte Schneiderin schon lange nicht mehr. „Aber mir geht es mittlerweile wieder so gut, dass ich ein bisschen für meinen zweijährigen Enkel Sam schneidere.“

Die Krankheit der Mutter, sagt Tochter Anneka, habe die Kinder fast ein ganzes Leben lang begleitet. „Sie hat uns früh zur Selbstständigkeit erzogen“, erzählt die 22-Jährige rückblickend. Damit sich die Kinder bei einem nötigen Krankenhausaufenthalt selbst versorgen konnten. Heute kocht meist Ehemann Dirk. „Ich kann die Dämpfe nicht vertragen“, erklärt Zuzana.

Die Familie hält zusammen. Diese große Liebe gibt Zuzana Hamers Kraft. Gemeinsame Städtereisen sind ihr großes Hobby. Lübeck, Heidelberg, Rostock hat sie schon gesehen. Und es sollen noch viele mehr werden.

„Ich habe schon so oft schlechte Prognosen erhalten“, sagt sie. „Aber ich glaube nicht daran und mache einfach weiter“. Von Ziel zu Ziel. Ihr nächstes: „Die selbst gestrickten Socken für Kinder, Schwiegerkinder und Enkel müssen pünktlich zu Weihnachten fertig werden.“

Symptome sind selten eindeutig

Zu den Anlaufstellen für Betroffene zählt das Westdeutsche Lungenzentrum der Uni-Klinik Essen (Ruhrlandklinik), Tüschener Weg 40 in Essen, 0201 – 433-01. Jährlich rund 150 Patienten mit Lungenhochdruck behandelt nach eigenen Angaben aber auch die Abteilung von Dr. Stefan Matzko, Ärztlicher Leiter der Pneumologie am Katholischen Klinikum Essen, St. Vincenz Krankenhaus (Von-Bergmann-Straße 2, 0201 – 6400 1340).

Was Matzko für besonders problematisch hält: „Die Symptome des Lungenhochdrucks sind so unspezifisch, dass eine Diagnose oft erst spät gestellt wird.“ Dazu gehörten „verminderte Belastbarkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Müdigkeit“.

Bestehe der Verdacht auf eine Pulmonale Hypertonie suche der Arzt nach Zeichen für eine Belastung des rechten Herzens. Anhand einer Röntgenaufnahme der Lunge, eines EKG und einer Ultraschalluntersuchung des Herzens könne die Herzfunktion beurteilt und der Druck in den Lungengefäßen abgeschätzt werden.

„Aber nur mit Hilfe eines Rechts-Herzkatheters ist der Blutdruck im Lungengefäßsystem direkt messbar“, betont Matzko. Wichtig sei dann, die Grunderkrankung optimal zu behandeln. „Das kann ein Fortschreiten bremsen.“ Hilfreich sei Sport in einer Lungensportgruppe, die es in vielen Städten gebe.

In einigen Fällen könne der hohe Blutdruck in den Lungengefäßen auch durch Medikamente gesenkt werden. „Diese Therapie schlägt aber leider nicht bei jedem Patienten an.“

Barbara Hoynacki

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