Sotatercept Studie

Sotatercept: Das erste seiner Art

Für die Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie steht ein vielversprechendes Therapeutikum mit neuem Wirkansatz zur Verfügung.

Die pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) ist eine seltene, schwere Erkrankung mit einer Fünf-Jahres-Sterblichkeit von etwa 43 Prozent. Idiopathische PAH, vererbte PAH und PAH im Zusammenhang mit einer Bindegewebserkrankung oder der Einnahme von Drogen wie Methamphetamin machen die meisten Fälle in den Industrieländern aus. Einige PAH-Subtypen der Gruppe 1 wurden von der Studie ausgeschlossen: PAH in Verbindung mit dem humanen Immundefizienz-Virus (HIV) und PAH in Verbindung mit portaler Hypertension, Schistosomiasis-assoziierte PAH und pulmonal-venöse Verschlusskrankheit.

Das kann Sotatercept

Bisher standen für die Behandlung Endothelin-Rezeptor-Antagonisten, Phosphodiesterase-5-Hemmer, Prostazyklin-Analoga oder Stimulatoren der löslichen Guanylatcyclase zur Verfügung. Mit Sotatercept gibt es nun einen völlig neuen Ansatz: Das Medikament kann direkt in die Entstehung des krankhaften Lungenhochdrucks eingreifen. Bei PAH besteht ein Ungleichgewicht zwischen pro- und antiproliferativen Prozessen der Endothelzellen und glatten Muskelzellen der präkapillären Arteriolen der Lungenstrombahn. Die gesteigerte Proliferation führt zu einer Obstruktion und Konstriktion der Gefässlumina mit erhöhtem Strömungswiderstand und in letzter Konsequenz zu einer Belastung und schliesslich Überlastung des rechten Herzens. Die Ergebnisse der Phase-III-Studie STELLAR wurden kürzlich im New England Journal of Medicine veröffentlicht und auf der 72. Jahrestagung des American College of Cardiology vorgestellt.

Der Übergang in die Proliferation wird durch eine übermässige Produktion von Activin-Liganden verursacht, die an den sogenannten Activin-Rezeptor Typ IIA (ActRIIA) binden. Sotatercept wirkt, indem es an diese Liganden bindet und dadurch die proproliferative Signalübertragung reduziert. In präklinischen Modellen konnte laut Hersteller gezeigt werden, dass Sotatercept dadurch nicht nur die Proliferation von Gefässzellen moduliert, sondern sogar den Umbau der Gefässe und der rechten Herzkammer rückgängig machen kann.

Die Studie im Detail

An der aktuellen randomisierten, doppelblinden, multizentrischen, placebokontrollierten Studie nahmen 323 Patientinnen und Patienten teil; 163 erhielten Sotatercept, 160 Placebo. Sotatercept wurde zusätzlich zur bestehenden Medikation verabreicht. Insgesamt erhielten 198 der randomisierten Patienten (61,3%) eine Dreifachtherapie und 129 Patienten (39,9%) eine Infusionstherapie mit Prostazyklin. Zusätzlich erhielten sie alle 3 Wochen subkutane Injektionen von Sotatercept oder Placebo. Primärer Endpunkt der Studie war die Verbesserung des 6-Minuten-Gehtests als Mass für die körperliche Belastung über einen Beobachtungszeitraum von 24 Wochen. In der Sotatercept-Gruppe ergab sich eine mediane Verlängerung um 34,4 Meter gegenüber 1 Meter in der Placebo-Gruppe, was von den Studienautoren als hochsignifikant eingestuft wurde.

Signifikante Verbesserungen wurden auch bei 8 von 9 sekundären Endpunkten beobachtet. Dazu gehörte eine Verringerung des Risikos bis zum Tod oder bis zum ersten Auftreten einer klinischen Verschlechterung, d.h. einer Verschlechterung der körperlichen Leistungsfähigkeit, einer PAH-bedingten Hospitalisierung oder des Todes aus irgendeiner Ursache während einer Nachbeobachtungszeit von 32,7 Wochen. In der Placebo-Gruppe traten 42 Todesfälle oder klinische Verschlechterungen auf (26%), in der Sotatercept-Gruppe dagegen nur 9 (5,5%). Nach Angaben der Studienautoren kam es zu einer statistisch signifikanten Reduktion des pulmonal-arteriellen Drucks, des Wedge-Drucks und des Herzzeitvolumens im Vergleich zu Placebo. Auch das BNP sank signifikant. Darüber hinaus erreichte Sotatercept zum Beispiel auch einen Multikomponenten-Endpunkt, der neben einer Zunahme der 6-Minuten-Gehstrecke um mindestens 30 Meter einen NT-proBNP-Wert unter 300 pg/ml und den Erhalt oder die Verbesserung der WHO-Funktionsklasse (unter Sotatercept 38,9% gegenüber 10% unter Placebo) forderte.

Unerwünschte Ereignisse: Blutungen und Schwindel

Beim PAH-SYMPACT-Score (Pulmonary Arterial Hypertension-Symptoms and Impact) erzielte das Medikament statistisch signifikant positive Ergebnisse in den Bereichen körperliche Auswirkungen und kardiopulmonale Symptome. Hinsichtlich der kognitiven/emotionalen Auswirkungen konnte keine signifikante Verbesserung gezeigt werden, so dass der sekundäre Endpunkt insgesamt nicht erreicht wurde.

Zu den unerwünschten Ereignissen, die unter Sotatercept häufiger auftraten als unter Placebo, gehörten Epistaxis, Schwindel, Teleangiektasien, erhöhtes Hämoglobin, Thrombozytopenie und erhöhter Blutdruck. Blutungsereignisse traten bei 21,5% der Patienten im Verumarm gegenüber 12,5% in der Placebogruppe auf, wobei es sich hauptsächlich um Epistaxis und Zahnfleischbluten handelte. Thrombozytopenien traten bei 6,1% der Patienten in der Sotatercept-Gruppe gegenüber 2,5% in der Placebo-Gruppe auf. Der Hämoglobinwert stieg bei 12,3% der Patienten um mehr als 2 g/dl (aber bei keinem um mehr als 4,0 g/dl). Nur 1 Patient in der Sotatercept-Gruppe brach die Behandlung wegen Nebenwirkungen ab.

Insgesamt stellt Sotatercept eine vielversprechende neue Behandlungsoption in Ergänzung zu den bereits etablierten Therapien dar. Der Hersteller hat in den USA und in Europa ein beschleunigtes Zulassungsverfahren beantragt.

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