Carola Meissner – zunächst war da ein tiefes Loch

Carola Meissner will ihrem Schicksal noch viele schöne Tage abtrotzen.

Sie ist wieder da: Carola Meissner, auch bekannt als meisterliche Bauchtänzerin Nefertari, hat nach einiger Zeit des für sie unbefriedigenden Schnupperns von „Westluft“ den Weg zurück zu ihren Wurzeln gefunden.

Gemeinsam mit ihrer Jugendliebe – seinetwegen war sie in den Kölner Raum umgezogen – bewohnt sie jetzt ein Häuschen in Zörnigall – und arbeitet unermüdlich wie immer. Die Frage ist nur, wie lange sie das noch machen kann, denn die lebenslustige Carola ist unheilbar krank: Lungenhochdruck. Lebenserwartung: etwa drei Jahre. Ein gutes Jahr ist davon bereits verstrichen.

Es war an sich wie immer: Tänzerin Carola hatte sich in ihrem Job völlig verausgabt, ihr Körper rebellierte wie schon so oft, und dieses Gefühl war ihr nicht fremd. Doch es wurde immer schlimmer, Lippen und Fingernägel wurden blau, schließlich kamen heftige Beschwerden schon beim Treppensteigen. Zwei Ärzte zeigten sich ratlos. Dann zog Carola in den Landkreis Wittenberg um. „Das war mein Glück“, erzählt die Bauchtänzerin, „denn meine Freundin Ina, sie ist Oberärztin im Paul Gerhardt Stift, stellte die richtige Diagnose und rette mir damit das Leben.“

Doch zunächst war da ein tiefes Loch – und Carola lag mittendrin. Krankenhausaufenthalt, Therapie, Teilnahme als „Versuchskaninchen“ am Forschungsprojekt einer Spezialklinik in Heidelberg, 16 Stunden pro Tag an der Sauerstoffflasche hängen, unzählige Tabletten schlucken… Etwas Neues zum Anziehen kaufen? Wozu? Lohnt sich ja doch nicht mehr! Doch schnell rappelte sich Carola wieder auf: „Solange ich lebe, will ich das Leben spüren!“ Und in ihrem Leben sind Tanz und Sport wesentliche Punkte. So fing sie wieder an zu arbeiten und merkte rasch: „Das bekommt mir gut, aktiv fühle ich mich besser!“

Unglaublich, aber wahr: Jetzt ist Carola wieder voll im Geschäft und trotzt der Krankheit, solange es noch geht. Montags übt sie nachmittags im Kindertreff mit den Kindern Bauchtanz, abends gibt’s in Piesteritz eine für alle offene Rückenschule, gefördert von der AOK. Dienstags trainiert sie ebenfalls in Piesteritz die „Showgirls“, mittwochs leitet sie beim Behindertenverband den Tanz der behinderten Kinder, abends gibt’s in der Turnhalle von Abtsdorf noch eine Rückenschule. An Donnerstagen trainiert sie in der Turnhalle Elbhafen Fortgeschrittene im Bauchtanz, nur freitags macht sie nichts, dafür samstags: ebenfalls in der Turnhalle Elbhafen Parcours-Turnen für Kinder ab sechs Jahren. Und das Sauerstoffgerät ist immer mit dabei.

So ganz „nebenbei“ bereitet Carola eine große neue Show vor: Am 19. Oktober ist in der Phönix Theaterwelt Premiere von „Lady Burlesque“, einer leicht erotischen Tanzshow für Erwachsene mit mehr als 100 Aktiven. Natürlich wird Carola auch dort wieder tanzen, allerdings hat sie ihre eigene Rolle krankheitsbedingt umgeschrieben: Kurzauftritt – hinter dem Vorhang Sauerstoff tanken, Kurzauftritt – hinter der Bühne Sauerstoff tanken, Kurzauftritt … Inzwischen kann sie darüber sogar wieder lachen: „Ich überlege mir, wie ich die Sauerstoffflaschen in meine Kostüme integrieren kann.“ Ihr Leben hat sie verändert: „Ich trainiere die Leute nur noch gegen Vorkasse“, sagt Carola und lacht schon wieder.

Im September hat Carola ihren nächsten Termin bei der Forschungsgruppe „gezielter Sport“ in der Thorax-Klinik am Universitätsklinikum Heidelberg, wo sie beweisen will, dass der Sport, die Bewegung und die Lebenseinstellung motivierten und auch schwer Kranken Kraft geben. Zur Lebenseinstellung sagt Carola: „Immer positiv denken, immer aktiv sein. Und ich streite mich nicht mehr, denn dafür ist mir meine Zeit zu kostbar.“

[@uelle: Wittenberg/Zörnigall (er)]
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